Peter Bosch im Tagblatt vom 28.08.2019
Wer noch den Schutzmann auf seiner Kanzel am Schimpfeck erlebt hat, muss zugeben, dass seither viel zur Entlastung von Neckarbrücke und Mühlstraße getan wurde. Mit dem Bau des Schloßbergtunnels wurde der Durchgangsverkehr herausgenommen. Unter Eugen Schmid folgte die halbseitige Sperrung der Mühlstraße zur Verbesserung des Busverkehrs und zur Entlastung des Zinserdreiecks. Beim Umbau im Jahr 2009 wurden ein Fahrradstreifen angelegt und der Gehweg verbreitert. Mit dem Umbau des Zinserdreiecks und der Geschwindigkeitsbeschränkung in der Friedrichstraße wurde der in der Mühlstraße noch verbliebene Binnen- und Zielverkehr weiter reduziert.
Zugegeben, durch die beiden sich nahezu gegenüberliegenden Bushaltestellen und die Aufwärtsspur für den Autoverkehr ist es für Radfahrer eng auf der Neckarbrücke. Aber was hilft eine mittige Radwegverbreiterung dort, wenn die Radfahrer anschließend riskant die Busspur kreuzen müssen, um auf den Radstreifen in der Mühlstraße zu gelangen? Und was taugt dieser, wenn er häufig zugeparkt ist? Was hat die Verwaltung dazu bewogen, ausgerechnet in Tübingens engstem Nadelöhr auch noch Außengastronomie zuzulassen?
Die letzte systematische Verkehrserhebung in Tübingen erfolgte 2008 im Rahmen der Verkehrsentwicklungsplanung durch das Büro R+T. Hier einige Zahlen von damals:
Hegelstraße (Zählung 2008): 32.800 Kfz/24h, Prognose ohne nördliche Europastraße +2.200, ohne südliche Europastraße + 2.900, bei Sperrung der Eberhardsbrücke +3.000, + seit 2008 erfolgte Verkehrszunahme, + Auswirkungen der B 28 neu im Neckartal?
Westbahnhofstraße (Zählung 2008): 26.300 Kfz/24h, Sperrung der Europastraße +800, Sperrung der Eberhardsbrücke +4.700, + Verkehrszunahme seit 2008.
An der Adlerkreuzung hat sich die Änderung der Fahrstreifen zwar bewährt, aber eben noch ohne Sperrung der Neckarbrücke. Die zusätzlich angedachte Aufhebung des Einbahnrings würde zu einer unzumutbaren Belastung der Hölderlinstraße führen.
Die Sperrung der Eberhardsbrücke ist deshalb ohne eine aktuelle vorherige Verkehrszählung und prognostizierte Verkehrsverlagerung nicht sinnvoll. Daher ist es zunächst geboten, beim Kompromiss der einseitig gesperrten Mühlstraße zu bleiben und die Finger von der Aufhebung des Einbahnstraßenrings Mohlstraße bis Parkhaus König zu lassen.