Christian Wittlinger im Tagblatt v. 07.10.2020:
Ein wichtiges Anliegen des Jugendgemeinderates ist derzeit die Einrichtung eines Bolzplatzes am Herrlesberg in Lustnau. Nichts Großes: Nur zwei Fußballtore und Pfosten für Volleyball. Das Vorhaben begleitet den Gemeinderat seit zwei Wahlperioden. Eine vom Jugendgemeinderat erstellte Chronologie aller Schritte, die bisher von der Verwaltung ergebnislos unternommen wurden, zeigt die große Geduldsprobe für die Unterstützer des Vorhabens.
Im Stadtgebiet besteht ein Mangel an Bewegungsangeboten für Jugendliche zwischen 10 und 16 Jahren. Deren Aufgabe ist es, gemeinsame Freude an Bewegung und soziale Kontakte zu ermöglichen. Sie bieten den nötigen Tapetenwechsel zur bewegungsarmen Betreuung in Schulzeiten, zum Zuhause und zur digitalen Welt am Smartphone oder der Playstation. Auch in den Ferien sind Treffen draußen möglich. Diese Angebote müssen gut über das Stadtgebiet verteilt sein. Es gibt Kommunen mit sichtbaren Installationen, wie Reutlingen mit dem Skatepark vor der Stadthalle. Andere wählen schon mal den Platz im Industriegebiet oder neben der Kläranlage.
In Tübingen sind manche Spielflächen in Gefahr: Das Spielfeld im Anlagenpark wird durch Betonrampen für eine Fahrradbrücke bedroht. Das Spielfeld in der Weststadt an der Westbahnhofstraße muss einem Schulgebäude für die GMS-Oberstufe weichen. Möglichkeiten für den Bereich Güterbahnhof und die benachbarten dichten Wohngebiete werden in der Au durch die technisch und ökologisch umstrittene Solarthermie-Anlage eingeschränkt. Konkrete Lichtblicke sind da der neue „3in1“-Bewegungspark an der Jahn-Allee, das „Anlägle“ zwischen Westbahnhofstraße und Spielplatz an der Ammer und die Aufbesserung des Skateparks bei der Aischbachschule. Hoffentlich lässt sich bald der Bolzplatz am Herrlesberg einreihen.
Die Diskussionen um fehlende Toiletten am neuen Spielplatz Metzgergasse ließen sich für fast alle erwähnten Freizeitorte wiederholen. Eine „notdürftige“ Basis-Infrastruktur gehört zu Freizeitorten heute dazu, Gebüsche und nahe Bäche reichen nicht.
„Komm! Ins Offene, Freund!“ Wir wissen nicht, ob Friedrich Hölderlin auch junge Menschen zur Bewegung nach draußen rufen wollte. Wir müssen diese Möglichkeiten in unserer sehr verdichteten Stadt heute neu schaffen. Die Notwendigkeit ist da, die rasante Annahme neuer Angebote zeigt das.
Dr. Christian Wittlinger
Stadtrat Tübinger Liste