Ernst Gumrich im Tagblatt v. 16.12.2020

2020 bestimmten Corona und der Klimawandel unser Leben. Beide Bedrohungen sind fast nur über Zahlen, Statistiken und Gutachten zu erahnen. Experten- und Medienstreit verwirren und ängstigen zusätzlich. Vor Ort musste aber schnell gehandelt werden. In diesen Wirren hat sich Tübingen auf beiden Feldern gut geschlagen. Dennoch sollte niemand unsere Stadt – dies Tausendstel eines Prozents der Weltbevölkerung – nun besserwisserisch zum Vorbild für Republik und Welt verklären.

Die Corona-Bekämpfung lag hier bei vielen, zum Glück allseits kooperativen Vertreter*innen von Institutionen wie Landrat, Rotes Kreuz, Kliniken, Handel, der Dreier-Stadtspitze und dem Gemeinderat. Vom Beginn an prüften, entschieden und setzten sie gemeinsam die Ideen aller unbürokratisch schnell um. Knausrig gespart wurde nie. So wurde unser Weg eine Gemeinschaftsleistung, hat viel Leid erspart und uns in der Krise enger zusammengebracht. Gut gemacht!

Wurde Tübingen 2020 zum Weltklimaretter? Unser Klimaschutzprogramm (KSP) verspricht den CO2-Ausstoß bis 2030 auf Null zu senken. Das traut sich keine Stadt sonst weltweit. Ist es auch realistisch? In den 10 Jahren würde es über eine Milliarde kosten. Werden Bund oder Land das so üppig sponsern? Werden vor 2030 die Technologien und Infrastrukturen da sein, um den grünen Strom zu erzeugen, zu wandeln, zu speichern, zu verteilen, um alle Häuser ohne Gas und Öl zu heizen, den Verkehr komplett CO2-frei zu bekommen? Wir diskutierten lebhaft mit Fridays for Future, wie Versprechungen jenseits von Fakten und Physik mehr schaden als nützen und überzeugten sie dann wohl mit unserem Arbeitsprogramm, das später zu offiziellen Teil des KSP wurde. In der nächsten Auflage werden unsere über 20 Nachbesserungen in das KSP eingearbeitet.  Aus dem Wunsch- kann so bald ein umsetzbares Arbeitsprogramm werden. Mit der konstruktiv fachlichen Kritik stießen wir Fraktionen vor den Kopf, die sich in ihrem Jubel über die Versprechungen gestört sahen. Wir meinen: Nur mit realistischer Analyse, einer sorgfältigen Interessenabwägungen und exakten Planung erreichen wir die Klimaziele, über die sich Tübingen zum Glück einig ist.

Weltmeisterlich war 2020 dies: Die in Tübingen entwickelte mRNA-Technologie revolutioniert die Medizin und wird weltweit das Corona-Sterben beenden: Hoffnung für 2021, als Geschenk an die Welt.

Diesen Beitrag teilen