Am 16.12.2021 wurde die Radbrücke West im Gemeinderat mit 10 Gegenstimmen und 1 Enthaltung beschlossen. Wir sind und waren schon immer explizit gegen diese Projekt. Diese 15 Mio teure Brücke, für die es bis heute keine Bedarfserhebung gibt und deren Anbindung an den Schnellradweg Tü/Ro noch nicht festgelegt ist, darf von Fußgängern nicht benutzt werden – sonst hätte man keine Zuschüsse bekommen, passt nicht zum Stadtbild und zu Tübingen und wird den Anlagenpark weiter verschandeln. Wir sind der Meinung, dass die 3,7 Mio Eigenmittel, die die Stadt für den Bau der Brücke aufbringen muss (Folgekosten nicht einkalkuliert), besser in die Sanierung der Kunstrasenplätze, in die Kaltlufthalle in WHO und in die Instandsetzung der bestehenden Radwege investiert werden sollte: z.B. in den Radweg auf der Alleenbrücke, den an Spitzentagen bis zu 4.000 Fahrräder passieren und der bei feuchter Witterung und bei Dunkelheit eine Zumutung ist. Wir unterstützen und fordern sinnvolle und solide finanzierbare Investitionen in den Radverkehr. Aber diese Brücke ist eine Fehlentscheidung.

 

Hier die Zusammenschrift der Stellungnahme unseres Stadtrats Reinhard von Brunn:

„Leider kann ich die Euphorie meiner Vorredner (Grüne und SPD) zur Radbrücke West nicht teilen.

Allein die Vorlage 313/2021 spricht Bände: aus 32 (ich habe es nachgezählt: 32!) bisher nicht ausgeschöpften Positionen werden Haushaltsmittel zur Kofinanzierung dieses 15-Millionen-Megaprojekts zusammengekratzt. Eine derartige Vorlage habe ich bisher noch nicht gesehen!

15 Millionen Euro für eine einzige Radbrücke, über die noch  nicht einmal Fußgänger, kinderwagenschiebende Eltern oder ältere Menschen mit Rollator gehen dürfen. Wo hat es das in einer Stadt von der Größe Tübingens je gegeben?

Es muss ja nicht immer ein Bürgerentscheid sein, aber warum wurde hier nicht wenigstens die vielgelobte Bürgerapp für ein Meinungs- und Stimmungsbild eingesetzt?

Wir lehnen diese Radbrücke und ihre Finanzierung entschieden ab, und zwar aus folgenden Gründen:

– es hätte wesentlich kostengünstigere Möglichkeiten gegeben, die Nord-Süd-Radverbindung vom Bahnhofsareal nach Derendingen zu verbessern, indem man das  vorhandene B- 28-Brückenbauwerk entprechend ergänzt und ertüchtigt. Warum hat man das nicht versucht? Weil es dafür keine Fördermittel gegeben hätte?

– es gibt keine überzeugende Bedarfserhebung und erwartete Nutzerzahlen für die künftige Brücke. Das Motto lautet eher: wir bauen einfach, dann wird die Brücke schon genutzt werden… Die Trassenführung eines künftigen Radschnellweges von Rottenburg nach Tübingen ist noch nicht festgelegt. Mit jeder weiteren Baumillion wird die Kosten-Nutzen-Relation immer fragwürdiger

– die Radbrücke darf von Fußgängern nicht genutzt werden. Sonst hätte man sie mit Eigenmitteln der Stadt von 4 m auf 6 m verbreitern müssen oder hätte gemäss Förderrichtlinien keine Zuschüsse erhalten

– architektonisch passt diese Brücke wie die Faust aufs Auge unseres Stadtbilds und des westlichen Anlagenparks. Sie erinnert an eine Riesen-Wasserrutsche in einem Freizeitpark. Liegt das nur am blau eingefärbten Fahrbahnbelag…?

– wir debattieren im Gemeinderat unendlich über eine bereits 2015 genehmigte Sport-Kaltlufthalle für die Nordstadt (Schulen und Sportvereine) oder die Erneuerung der Kunstrasenplätze für drei Vereine. Dafür fehlt angeblich das Geld. Aber für eine 15 Millionen teure Radbrücke mit zweifelhaftem Nutzen lassen wir locker 3,7 Millionen Euro aus dem städtischen Haushalt springen?

– ohne das süße Gift der Zuschüsse wäre doch kein Mensch auf die Idee gekommen, in Tübingen eine 15 Millionen teure Radbrücke über die Bahn zu spannen. Aber Fördermittel machen offenbar blind für die wirklichen Notwendigkeiten und Möglichkeiten vor Ort, für die finanziellen Grenzen der Eigenbelastung und für die Folgekosten, die in Zukunft allein die Stadt stemmen muss.

Die Tübinger Liste unterstützt und fordert  sinnvolle und solide finanzierbare Verbesserungen für den Radverkehr . Der Bau dieser Radbrücke ist aus unserer Sicht aber eine Fehlentscheidung. Wir stimmen daher mit NEIN.”

 

 

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