Mittwochsspalte v. Gebhart Höritzer 24.02.2021  |

Die Haushaltsgespräche 2021 werden schwierig. Corona hat tiefe Löcher in alle Haushalte geschlagen. Tübingen ist doppelt gekniffen, da wir erst 2020 die kaufmännische Buchhaltung eingeführt und daher nicht rechtzeitig Reserven für den Verlustausgleich aufgebaut haben.

Was schlägt die Verwaltung nun als Ausweg vor? Mit höheren Grundsteuern (€ 3,2 Mio.), Gewerbesteuern (€ 1 Mio.) und neuen Parkgebühren (€ 1 Mio.) sowie mit ähnlichen Einsparungen bei den Kosten, soll der Verlust auf gerade noch vertretbare € 18 Mio. begrenzt werden. Die Tübinger Grundsteuer würde in eine einsame Spitzenposition der Hebesätze katapultiert und das Mietenniveau weiter abheben. Die Gewerbesteuererhöhung trifft die Betriebe in extrem schwieriger Zeit. Der Schuss könnte nach hinten losgehen, wenn dadurch wichtige Betriebe wegbrechen. Die neuen Parkgebühren sind unausgegoren und in der geplanten Höhe für viele unsozial. Wir tun uns mit all diesen Belastungen der Bürgerschaft schwer und suchen stattdessen nach weiteren Einsparungen.

Der Finanzhaushalt hat ebenfalls seine Tücken: Viele Vorhaben und Risiken wurden ganz aus dem Blickfeld 2021-2025 geschoben. So sollte das Klimaschutzprogramm bis 2030 jedes Jahr über € 100 Mio. erhalten. Es finden sich nur leider im Haushalt keine nennenswerten Beträge für die glaubhafte Klima-Transformation der Stadt. Auch das Bäderkonzept und viele für Tübingen zentrale Projekte fehlen im Planungszeitraum ganz. Und dennoch werden 2021 und 2022 unsere Liquiditätsreserven aufgezehrt und die Verschuldung würde 2023 einen Höchststand erreichen. Danach wäre jeglicher finanzieller Handlungsspielraum weg und wir könnten uns zukünftig nur noch einen Bruchteil des bisherigen Investitionsniveaus leisten. Wieso geben wir 2021 und 2022 investiv erst Vollgas und machen dann die Vollbremsung?

Das ist falsch. Wir müssen den Mut finden, Vorzeige-Projekte ohne Wirkung jetzt aufzugeben. Dazu zählt die inzwischen € 12,9 Mio. teure Fahrradbrücke West. Sie hat nie ihre positive Ökobilanz belegt und würde den geschundenen Anlagenpark weiter verschandeln. Wir werden weitere Vorhaben dieser Art zur Disposition stellen.

Die Corona-Krise zwingt zu strukturellen Anpassungen. Wir stellen uns dem Versuch eines gemeinsamen Krisenhaushalts des Gemeinderats, wenn die Bereitschaft zum nötigen Umsteuern erkennbar wird.