Takt 1: Jahrelang behaupteten die Befürworter der Innenstadtstrecke, dass kein Abbruch der Neckarbrücke erforderlich sei. Das sei eine böse Unterstellung der Gegner der Innenstadtstrecke, um die Bürger zu erschrecken. Damals wurde auch nie mit nur einem Ton darüber gesprochen, dass die Neckarbrücke bald am Ende ihrer Lebensdauer angekommen sein könnte.
Takt 2: Die tiefere technische Untersuchung ergab dann aber doch, dass die Brücke die zirka 40 Tonnen Leergewicht der Bahn plus die erforderlichen Betonhochbahnsteige auf der Brücke nicht trägt und daher für die Regionalstadtbahn eine komplett neue Brücke her muss.
Takt 3: Seither wird die Brücke plötzlich krank geredet., obwohl ihr rein gar nichts fehlt. Letzte Woche wiederholte der Oberbürgermeister dieses „muss eh weg“ Argument. Er tat das, obwohl der Leiter des Tiefbauamtes bereits vor etwa zwei Jahren sdiesen Behauptungen entgegen getreten war. Man könne kein Verfallsdatum der Brücke nennen.
Als zusätzliches Hilfsargument wird jetzt noch hinzugefügt, man müsse die Brücke auch deshalb breiter machen, damit die Fahrradfahrer auf den 100 Metern Brücke mehr Platz hätten (um sich dann wieder in die enge Mühlstraße und zwischen neuen Straßenbahnschienen einzufädeln?)
Takt 4: Ein Bürger mit hörbaren großen Sympatien für die Innenstadtstrecke stellt in der Fragestunde des Gemeinderats am vergangenen Donnerstag, 1. Oktober 2020 eine Reihe suggestiven Fragen, um sich das „muss eh weg“-Argument, die Notwendigkeit des Abrisses der Brücke unabhängig vom Bau der Bahn über die Brücke bestätigen zu lassen.
Herr Baubürgermeister Soehlke verlas und erläuterte die erneuten Aussagen des Leiters des hiesigen Tiefbaus dazu:
Im Kern und ohne Umschweife bestätigt er erneut: Es gibt kein heute absehbares Verfallsdatum der Brücke. Sie muss nicht „eh bald weg“. Sie muss planmäßig gewartet und erhalten werden (wie jede Brücke, auch neue). Im Augenblick gibt es keinen Grund, die Brücke komplett zu erneuern. Man könne sich das in 10-15 Jahren dann erneut anschauen und überprüfen.
Hier die Fragen des Bürgers und dann die Antwort der Verwaltung. Macht Euch selbst ein Bild:
Die Fragen des Bürgers:
aAs Radfahrer fällt mir auf, dass auf der Eberhardsbrücke („Neckarbrücke“) regelmässig gefährliche Löcher im Straßenbelag auftreten. Diese werden zwar immer wieder geflickt; nach einiger Zeit treten aber wieder neue Löcher auf. Darüber hinaus sind auch umfangreichere Sanierungen im Laufe der letzten Jahrzehnte notwendig geworden.
Gleichzeitig wird seit Jahren in der Öffentlichkeit darüber gesprochen, dass die Brücke über kurz oder lang erneuert werden muss. Deshalb besteht für mich Klärungsbedarf zu folgenden Fragestellungen, um deren Beantwortung ich am 01.10.2020 in der Sitzung des Gemeinderats während der Fragestunde bitte:
– Wie bewertet die Stadtverwaltung Tübingen den Zustand der Brücke in Bezug auf Stabilität, Statik und Zuverlässigkeit für den derzeit darüber ablaufenden Verkehr?
– Wie häufig wird die Tragfähigkeit der Brücke geprüft?
– Wie aussagekräftig sind die Prüfergebnisse angesichts der, bezüglich ihrer Bautechnik, doch sehr alten Brücke?
– Welche Konsequenzen könnten bei negativen Prüfergebnissen erfolgen, insbesondere in Bezug auf schwere Nutzfahrzeuge und Linienbusse?
– Welche Kosten haben die Sanierungsmaßnahmen und Ausbesserungsarbeiten während der letzten zwanzig Jahre in etwa verursacht?
Ende der Fragen
Die Antworten der Verwaltung:
Vorbemerkung:
Die Eberhardsbrücke besteht eigentlich aus zwei Brücken. Die historische Eberhardsbrücke unterstromig ist aus dem Jahr 1900 und besteht aus sogenanntem Stampfbeton. In den 50er-Jahren wurde sozusagen „eine zweite Brücke“ aus Stahlbeton angebaut. Die beiden Brückenteile sind auf der Oberfläche an der „Naht“ im oberstromigen Gehweg erkennbar.
Die Brücke(n) hat bzw. haben mit ihrem Haupttragwerk bisher sehr gut gehalten, während der Straßenbelag aufgrund der hohen Verkehrsbelastung immer wieder Schwierigkeiten machte und noch macht. Im Jahr 1992 wurde die Brücke grundhaft saniert, die gesamte Abdichtungen wurden erneuert, der Beton wurde saniert und ein sehr steifer Bitumenbelag eingebaut, der sich aber dennoch sehr stark verformt hat.
Deshalb wurde im Jahr 2009 mit einem Kostenaufwand von 360.000€ der Bitumenbelag durch einen sogenannten „halbstarren Belag“, einer Mischung aus Asphalt und Zementmörtel ersetzt. Seither gibt es die Probleme mit der Verformung und den Spurrillen nicht mehr. Allerdings haben sich die Straßeneinläufe als Schwachpunkte erwiesen. Hier ist die bildlich besprochene „Glasplatte“ gebrochen und muss nun regelhaft geflickt werden.
Unter dem Strich sind wir mit der damaligen Entscheidung einen halbstarren Belag zu wählen zufrieden.
Nun zu den Fragen im Einzelnen
- Spiegelstrich 1
Das Haupttragwerk des älteren Teils Eberhardsbrücke hat nun schon 20 Jahre über die planmäßige Lebenszeit der Konstruktion von 100 Jahren hinaus gut gehalten. Allerdings lässt sich die Restlebenszeit auch mit aufwändigen und teuren Untersuchungen nicht sicher prognostizieren. Zur damaligen Zeit war der Beton eine relativ neue Konstruktionsweise, er wurde vor Ort ohne standardisierte Güteüberwachung hergestellt und Zement war extrem teuer.
In den nächsten 10 bis 15 Jahren sollte die Eberhardsbrücke also in jedem Fall planmäßig erneuert werden – unabhängig vom Thema „Regionalstadtbahn“
- Spiegelstrich2
Alle drei Jahre gibt es eine aufwändige Brückenhauptprüfung mit einem sogenannten Untersichtsgerät, von dem aus die Gesamtkonstruktion von unten her auf Rissebildung o.ä. untersucht wird. Bisher gab es hierfür keine Anzeichen. Sollte es hierfür geringste Anzeichen geben, wird man den Prüfturnus intensivieren.
- Spiegelstrich 3
Außer der Methode, die Stampfbeton-Konstruktion von außen anzuschauen, gibt es keine andere Prüfmethode. Die Verwaltung hat sich mit der Frage der Restlebenszeit intensiv auseinandergesetzt und mit Fachbüros diskutiert und beraten. Man kann festhalten, dass die Brücke erstaunlich gut gehalten hat, unsere Vorgänger gut gearbeitet haben und wir 10 bis 15 Jahre Zeit haben uns Gedanken zum Thema „Ersatzbau“ zu machen. Für einen längeren Zeitraum wird niemand eine Aussage wagen.
- Spiegelstrich 4
Die Brücke müsste zumindest großteils für den Busverkehr gesperrt werden.
- Spiegelstrich 5
– jährlicher Aufwand für die Straßeneinläufe ca. 10.000€
– 2002 Belagssanierung 80.000€
– 2009 Belagserneuerung (halbstarrer Belag) 360.000€
– 2015 Belagsreparatur (im wesentlichen Gehweg oberstromig) 140.000€
Gruß Füger