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6. Soziale Stadt

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6. SOZIALE STADT

Eine soziale Stadt schafft ein gutes Miteinander aller Generationen der Stadtgesellschaft und schließt Menschen in den unterschiedlichsten Lebenslagen ein.
Die demografische Entwicklung beschäftigt Tübingen in mehrfacher Hinsicht. Die zunehmende Zahl an Kindern und Jugendlichen hat massive Auswirkungen auf die Planungen von Kitas und Schulen. Ebenso erzeugt die zunehmende Zahl älterer Menschen einen Handlungsbedarf. Dies stellt eine Stadt vor große Herausforderungen.

Die im Jahr 2015 beschlossene und 2023 erneut aktualisierte Sozialkonzeption bildet dieGrundlage aller Überlegungen und Planungen im Sozialbereich. Sie richtet sich an den Bedürfnissen der einzelnen Quartiere, Stadtteile und Teilorte aus. Hier sind alle Fraktionen auf einem guten gemeinsamen Weg. Wir setzen uns auch weiterhin dafür ein, dass Tübingen seinem Ruf als „soziale Stadt“ gerecht wird.

Familienfreundliche Strukturen

Wir wollen familienfreundliche Strukturen in Tübingen stärken und ausbauen.Die KreisBonusCard ist für viele Familien der Zugang zu Bildungs- und Teilhabeangeboten. Hier ist es uns wichtig, die Möglichkeiten zu den Vergünstigungen noch besser aufzuzeigen und die Antragsverfahren niederschwelliger zu gestalten, zum Beispiel durch leicht verständliche Sprache. Hierbei können Schulsozialarbeit, Vereine und Stadtteiltreffs wichtige Hinweise vermitteln. Darüber hinaus gibt es die KreisBonusCard extra (für Familien knapp über der Grenze für den Bezug von Sozialleistungen), die durch einen interfraktionellen Antrag mit der Unterstützung der Tübinger Liste auf den Weg gebracht wurde. Auch sie muss noch populärer gemacht werden.

Wir setzen uns für Angebote ein, die an den Bedürfnissen von Kindern und Jugendlichen orientiert sind. Gute Beispiele sind hier die Kinder- und Jugendfarm und die vielfältigen Angebote auf dem Berghof. Auch die Entstehung des Bricks Jugendcafés haben wir gefördert. Die kommunalpolitische Beteiligung junger Menschen unterstützen wir ausdrücklich, wir begleiten aktiv die Arbeit des Jugendgemeinderats und befürworten umsetzbare Vorschläge und Anträge.

Vereine und Ehrenamt stärken

In zahlreichen Vereinen und Organisationen leistet eine große Zahl von Ehrenamtlichen hervorragende Arbeit für unsere Gesellschaft. Die Vereine sind nicht nur ein Beweis unserer lebendigen Stadtgesellschaft, sie nehmen der Kommune auch eine Menge Aufgaben und Arbeit ab. Daher ist es angebracht, dass sich die Stadt – wo nötig – an der Finanzierung beteiligt und mit dauerhaften und verlässlichen Zuschüssen dafür sorgt, dass die Vereine ihren Dienst für die Allgemeinheit leisten können. Auch eine Dynamisierung der Zuschüsse ist bei steigenden Kosten wichtig. Bestehende Sozialvereine werden durch neue Förderrichtlinien in ihrem Bestand gesichert. Um Ehrenamtliche wirkungsvoll in ihrer Arbeit zu unterstützen, ist eine gute fachliche Anbindung und Begleitung durch die Stadt notwendig.

Manche Vereine übernehmen Pflichtaufgaben der Kommune. Das Tübinger Tierheim beispielsweise kümmert sich mit der Aufnahme, Betreuung und Vermittlung von Fundtieren um Aufgaben, die sonst die Stadt bzw. der Kreis erfüllen müsste. Ein neuer Standort mit Platz, Licht, Luft für Tiere und Menschen ist unabdingbar und dringlich. Wir werden uns dafür einsetzen, dass die Stadt den Bau eines neuen Tierheims gemeinsam mit dem Landkreis zeitnah realisiert. Wenn die Vergütung für die Erledigung dieser städtischen Pflichtaufgaben zu gering ist, geraten Vereine und ihre ehrenamtlichen Helfer in Not. In solchen Fällen werden wir für kostendeckende städtische Zuschüsse eintreten.

Begegnungsorte schaffen

Die Tübinger Stadtteiltreffs sind ein Erfolgsmodell. 2024 wird der letzte Treff in der Weststadt seine Räume beziehen. Stadtteiltreffs sind Begegnungsorte für alle Generationen und Kristallisationspunkte für das Miteinander in den Quartieren und Teilorten, gelebte Nachbarschaft. Auch Menschen mit Einschränkungen wollen wir Teilhabe ermöglichen. Immer mehr Menschen leben allein, das Risiko der Vereinsamung ist groß, hat seit der Corona-Pandemie
noch zugenommen. Von zentraler Bedeutung sind Personen, die ihren Stadtteil kennen, dort bekannt und gut vernetzt sind: die „Quartier-Kümmerer“. In Quartieren mit großen Herausforderungen hat sich die Stadtteilsozialarbeit gut etabliert. Das Projekt „Soziale Stadt WHO“ begrüßen wir sehr. Es kann modellhaft für andere Tübinger Quartiere sein.

Um der Vereinsamung von Menschen aller Altersgruppen entgegenzuwirken, möchten wir ambulante Angebote zur Beratung und Begleitung auf Stadtteilebene ausweiten und neue Konzepte fördern. So können Lebensqualität und psychische Gesundheit erhalten oder sogar noch gesteigert werden.

Vielfalt in Tübingen leben

Auch viele geflüchtete Menschen leben mittlerweile in unserer Stadt. Das Konzept des dezentralen Wohnens in den Quartieren und Stadtteilen hat sich bewährt und fördert das Hineinwachsen in die Stadtgesellschaft. Unter Mithilfe von Sozialvereinen, Kirchengemeinden, Beratungsstellen und dem Einsatz vieler Ehrenamtlicher gestalten die Tübinger Bürgerinnen und Bürger das soziale Miteinander und ermöglichen so die Teilhabe aller.

Integration ist und bleibt ein zentrales Thema. Dazu gehört in erster Linie die Sprach- und Arbeitsvermittlung, aber auch die soziale Betreuung der Geflüchteten. Allerdings stellt die zunehmende Zahl an Geflüchteten die Stadt vor enorme Herausforderungen: Die Situation im Ausländeramt mit viel zu langen Wartezeiten muss umgehend verbessert werden, Wohnraum ist ein knappes Gut, und Sprache ist der Zugang zum Arbeitsmarkt. Hier gibt es noch sehr viel zu tun.

Die richtige Mischung aus Förderung der Integration und zugleich die klare Forderung an geflüchtete Menschen, zu dieser Integration selbst auch beizutragen, wird über Erfolg oder Misserfolg entscheiden. Es bleibt weiterhin eine wichtige und schwierige, aber, wie wir meinen, auch lohnende Aufgabe.

Menschen mit Behinderung immer mitdenken

Die im Jahr 2010 von Tübingen unterzeichnete Erklärung von Barcelona und der Aktionsplan 2022 „Tübingen inklusiv und barrierefrei“ sind Verpflichtung, nicht nur räumliche Barrieren zu beseitigen, sondern Menschen mit Behinderung die Teilhabe an allen Lebensbereichen zu ermöglichen. Dazu gehören der Einbau induktiver Höranlagen in öffentliche Gebäude, Broschüren in leichter Sprache ebenso wie Orientierungsstreifen für Menschen mit Sehbehinderung
und gute Begehbarkeit der Altstadtgassen.

Grundsätzlich müssen bei allen Planungen im sozialen, kulturellen und baulichen Bereich die Bedürfnisse von Menschen mit Einschränkungen mitgedacht werden. Inklusion ist eine Querschnittsaufgabe und erfordert eine enge Zusammenarbeit aller städtischen Fachbereiche. Wir werden uns auch weiterhin unter Beteiligung der Behindertenverbände für die konsequente Umsetzung des Handlungskonzepts »Barrierefreie Stadt Tübingen« einsetzen.

In Würde altern

Auch in der „jungen“ Stadt Tübingen steigt die Zahl älterer Menschen: Hier leben gegenwärtig etwa 15.000 Menschen über 65 Jahre. Bis 2030 werden es 18.000 sein, 2040 fast 20.000. Noch nie war die Lebenserwartung so hoch – das ist eine Chance und zugleich eine Herausforderung für die Gesellschaft. Die Mehrzahl der älteren Menschen lebt selbständig und selbstbestimmt, viele bringen sich aktiv ein, zum Beispiel durch ehrenamtliche Tätigkeiten. Aber die Zahl der Hochaltrigen über 85 Jahren nimmt zu, mit zunehmendem Alter brauchen Menschen mehr Unterstützung und auch Pflege.

Wir haben erreicht, dass 2023 eine Stelle zur Gesundheitsförderung für ältere Menschen geschaffen wurde, die sich gezielt für Prävention und Teilhabe einsetzt.

Auch die weiter zunehmende Altersarmut schränkt soziale Teilhabe ein und verstärkt Einsamkeit. Sie findet meist im Verborgenen statt und hat vielfältige Auswirkungen bis hin zum drohenden Wohnungsverlust. Wir unterstützen daher zusammen mit den Seniorenverbänden und anderen Akteuren Angebote, mit denen diese Menschen erreicht werden. Ein Beispiel, für das wir uns engagieren, sind Bürgerautos und das „Seniorentaxi“, das auch älteren Menschen mit geringem Einkommen in der Stadt Mobilität und damit Teilhabe ermöglicht.

Pflege: Mehr Personal und Plätze

Wir befinden uns mitten im Pflegenotstand. Um gute häusliche und stationäre Pflege gewährleisten zu können, ist Fachkräftegewinnung die zentrale Maßnahme. Nur so können geplante und bereits im Bau befindliche Pflegeeinrichtungen alle Plätze belegen und auch Kurzzeitpflege anbieten, die nach Klinikentlassung und zur Entlastung pflegender Angehöriger dringend benötigt werden. Wir müssen uns verstärkt auf den häuslichen Pflegebereich konzentrieren, damit auch kranke und pflegebedürftige Menschen im gewohnten Umfeld bleiben können. Dafür braucht es neue Pflegemodelle, Einbeziehung von Ehrenamt und Nachbarschaftshilfe, die Erleichterung der Rahmenbedingungen für Pflegedienste und in erster Linie nicht nachlassende Bemühungen zur Fachkräftegewinnung in der Pflege. Die Fachkräfteoffensive der Verwaltung für Sozialberufe unterstützen wir, aber wir brauchen darüber hinaus einen weiteren Maßnahmenkatalog (z.B. Schaffung von Wohnraum für Pflegepersonal etc.).

Wir setzen uns dafür ein, dass für Menschen mit Demenz oder einer gerontopsychiatrischen Erkrankung in Zusammenarbeit mit dem Landkreis ein spezielles Fachpflegeheim entsteht.

Für all diese Themen machen wir uns seit Jahren stark und werden diese Planungen auch weiterhin im Gemeinderat vorantreiben, damit Tübinger Bürgerinnen und Bürger auch im Alter und bei Krankheit gut versorgt sind. Hier sehen wir die Stadt neben dem Kreis in einer starken Mitverantwortung.

Seniorenwohnen kreativ angehen

Die Umsetzung der städtischen Strategie „Seniorenleben und Pflege“ hat hohe Priorität. Die meisten Menschen möchten ihren Lebensabend in der eigenen Wohnung, in ihrem gewohnten Umfeld (Quartier) verbringen. Hier sind sie oft noch sozial eingebunden, kennen sich aus, fühlen sich daheim. Wenn die Wohnung nicht mehr geeignet ist oder aufgrund von Krankheit und Pflege ein Mensch nicht mehr allein leben kann, müssen wir dafür sorgen, dass möglichst
im Stadtteil oder Teilort entsprechende Wohn- und Pflegemöglichkeiten gefunden werden.

Gemeinschaftliche Wohnformen wie Senioren-, Pflege- und Demenz-WGs sowie Mehrgenerationen-Wohnen werden immer wichtiger. Das Pflegeheim darf künftig nirgends die einzige Alternative zur eigenen Wohnung sein. Alternative Wohnformen für ältere Menschen mit begleitenden ambulanten Pflegestrategien müssen bei Planungen in neuen Quartieren und bei allen Grundstücksvergaben berücksichtigt sowie beratend unterstützt werden.

In allen Quartieren und Teilorten müssen Möglichkeiten für bezahlbares gemeinschaftliches Wohnen im Alter geschaffen werden. Dafür gab es vor Ort intensive Beteiligungs- und Planungsprozesse. Die Umsetzung muss nun zeitnah erfolgen. Auch das früher recht erfolgreiche Angebot „Wohnen für Hilfe“ wollen wir in Tübingen wieder einführen. Um diese drängenden Aufgaben gut umsetzen zu können, haben wir darauf hingewirkt, dass der Stellenumfang bei „Seniorenleben und Pflege“ ausgeweitet wird.

Wahlprogramm 2024

Das komplette Wahlprogramm der Tübinger Liste hier zum Download als PDF