2. MOBILITÄT

Verkehr und Wege immer mitplanen

Tübingens sieben Hügel lassen sich nicht versetzen, unsere Straßen sind und bleiben eng. Diesen Herausforderungen können wir nur mit einem intelligenten Verkehrsmix begegnen.

Viele von uns sind an einem Tag sowohl Fußgänger als auch Radfahrer, Bus- und Autofahrer. Im Bundesvergleich sind die Tübinger in ihrer Stadt sogar überwiegend zu Fuß, mit dem Fahrrad und per Bus unterwegs. Wir machen das gerne noch attraktiver: pünktlicher, engmaschiger Busverkehr, bessere Fuß- und Radwege. Aber für uns hat auch das Auto seine Berechtigung. Berufstätige Eltern mit Kindern können auf das Auto oft nicht verzichten. Für Ältere kann ein Auto die letzte Freiheit sein.

Bei großen Bauprojekten müssen die Verkehrsströme, Wegebeziehungen und Knotenpunkte mitgeplant werden. Neue Baugebiete – wie das Queck-Areal – begrüßen wir, denn sie schaffen neuen Lebensraum für viele Menschen. Aber sowohl PKW- und Anlieferverkehr als auch die Fuß- und Fahrradwege müssen von Anfang an mitgedacht werden. Dabei müssen wir schon für die nahe Zukunft die Veränderungen durch neue Mobilitätsformen einbeziehen.

Stadtverkehr optimieren, auch ohne Schienen

Das Regionalstadtbahn-Projekt, also den Ausbau und die Elektrifizierung der Regionalbahnstrecken, haben wir immer unterstützt. Tübingen wird mit zwölf Haltepunkten engmaschig angeschlossen sein. Bereits vor dem maßgeblich von uns herbeigeführten Bürgerentscheid gegen die Innenstadtstrecke (ISS) im September 2021 gab es eine – allerdings nicht sehr tiefgehende – Untersuchung möglicher Alternativen bis hin zu einer Seilbahn-Lösung. Diese wurde nun, auch von uns unterstützt, neu aufgesetzt und wird sehr viel umfassender durchgeführt. Es geht dabei um drei Stränge: Eine alternative Streckenführung der Stadtbahn durch übingen, staufreie Expressbuslinien und – eher als Zukunftsprojekt – fahrerlose elektrische Kleinbusse, die zusammengekoppelt werden können. Wir sind überzeugt, dass die innerstädtische Mobilität in unserer kleinteiligen Stadt mit einem flexiblen System besser bedient ist als mit einer schienengebundenen Lösung, deren Funktionieren auch noch von Störungen auf den Regionalbahnstrecken beeinträchtigt würde. Hinzu kommt, dass eine alternative Streckenführung der Stadtbahn noch teurer kommen dürfte als die ISS. Eine Lösung, die – als einzige Änderung gegenüber der abgelehnten ISS – auf eine eingleisige Strecke in der Mühlstraße setzt, kommt für uns nicht in Betracht.

Privaten Autoverkehr modernisieren und ersetzen

Den Umstieg auf Bus und Bahn oder abgasfreie Zweiräder wollen wir so attraktiv machen, dass viele möglichst bald ihren eigenen PKW freiwillig stehen lassen oder aufgeben. Wir wünschen uns Anreize, damit möglichst viele sich auf lokal abgasfreie Elektrofahrzeuge, vielleicht sogar auf entsprechende Teil-Auto-Angebote einlassen und sich ansonsten mit einer Kombination von weiteren Verkehrsmitteln bewegen. Von Verboten oder Belehrungen halten wir wenig. Den öffentlichen Nahverkehr unterstützen wir gern, wenn er die neuen technischen Entwicklungen rechtzeitig aufgreift.

Kein Parksuchverkehr in der Altstadt

Unsere Altstadt soll von Parksuchverkehr befreit werden. Die noch vorhandenen öffentlichen Parkplätze sollen ausschließlich für Bewohner ausgewiesen werden, mit Ausnahmen für Handwerker und Pflegedienste, die tagsüber die Möglichkeit haben sollten, ihre Fahrzeug abzustellen, um Kunden und Patienten zu erreichen. Selbstverständlich bleiben alle Behindertenparkplätze bestehen. Für Besucher und Gäste stehen ausreichend Parkflächen in den nahegelegenen Parkhäusern zur Verfügung.

TüBus umsonst?

Das Landesmobilitätsgesetz (Entwurf Stand 12/2023) ermöglicht nicht einen „TüBus umsonst“ über die Erhebung einer Nahverkehrsabgabe. Möglich wäre nur eine Finanzierung über kommunale Steuern. Das lehnen wir ab. Wir halten es –auch im Hinblick auf eine Attraktivitätssteigerung des TüBus – für wichtiger, die begrenzten finanziellen Mittel „im System“ einzusetzen: für den Ausbau des Streckennetzes, einen engeren und verlässlichen Takt, funktionierende Anzeigen, eine sozialverträgliche Preisgestaltung, ein komfortables Bezahlsystem. Zusätzlich sehen wir in der Förderung von Shared-Mobility-Modellen ein großes Potenzial.

Sichere Radwege

Das Hauptverkehrsmittel in Tübingen ist das Fahrrad. Aber dadurch wird Tübingen nicht automatisch zu einer fahrradfreundlichen Stadt. Zwar ist Tübingen im jährlichen Städte-Test des ADFC aktuell auf Platz drei, aber gefühlt sind die Verkehrsbedingungen für Fahrräder weiterhin eher mittelmäßig. Großprojekte und Stückwerk lassen ein geschlossenes System und die Sorgfalt im Detail vielerorts vermissen.

Die Markierungen der Radwege an kritischen Stellen wie Abbiegespuren und Kreuzungen mit blauer Farbe hat sich erfolgreich durchgesetzt, sollte allerdings noch konsequenter umgesetzt werden. Insgesamt sollte das Radverkehrsnetz noch stärker an den zentralen Nutzer-Zielorten orientiert werden. Insbesondere die Schulwege, Wege zur Arbeit und zum Studium sollten im Radwegenetz ihre Beachtung finden. Mit dem in der tatsächlichen Umsetzung noch in den Anfängen steckenden Radverkehrskonzept 2030 und durch die Fertigstellung der neuen Radbrücken entstehen zentrale und leitungsfähige Nord-Süd- und Ost-West-Achsen. Allerdings müssen auch hier die anderen Verkehrsteilnehmer (Fußgänger, ÖPNV usw.) stets mitbedacht werden. Dies ist uns ein großes Anliegen.

Der steigende Radverkehr erfordert weit mehr Fahrradabstellplätze. Es ist zwar ein tolles Parkhaus am neuen Busbahnhof entstanden, aber es finden sich weiterhin nicht genügend Abstellplätze, insbesondere rund um die Altstadt. Mehr freie Stellplätze gäbe es auch durch regelmäßiges Entfernen aufgegebener Fahrräder.

An Fußgänger denken

Wir haben nicht nur ÖPNV-Nutzer, Autofahrer und Radfahrer im Blick, sondern auch die Fußgänger. Sie stellen die größte Gruppe im Tübinger Verkehrsmix. Sie sind die verletzlichste Gruppe und sie werden gerne ignoriert. Die gepflasterten Gassen und Straßen sind typisch für unsere Innenstadt. Schön sind sie auch, aber fehlende Steine, Löcher und Asphalt aus Ausbesserungen sind gefährliche Stolperfallen. Gerade für ältere Menschen und Menschen mit Behinderungen sind unsere Fußgängerbereiche und sogenannten Gehwege unberechenbare Hindernis- und Stolperparcours. Das lässt sich mit vertretbaren Mitteln und regelmäßiger Beseitigung der Fehlstellen einfach beheben. Wir setzen uns daher für die laufende Instandhaltung und Pflege von Straßen, Plätzen, Gehwegen und Treppen in Tübingen ein. Wir fordern einen mittelfristigen Sanierungsplan und dessen konsequente Umsetzung.

Auch die Konfliktsituationen zwischen den Verkehrsteilnehmern in der Altstadt beschäftigen uns. Einer Freigabe der Fußgängerzonen (auch während zeitlicher Randlagen) für den Radverkehr stehen wir kritisch gegenüber, da sich die dort vorgeschriebene Schrittgeschwindigkeit kaum durchsetzen lässt. Besonders für Eltern mit kleinen Kindern und ältere Mensche ist das gefährlich. Wenn es nicht mit Vernunft unter allen Verkehrsteilnehmern geht, muss dies durch verstärkte und konsequente Kontrollen durch den Kommunalen Ordnungsdienst geregelt werden.

Barrierefreiheit beachten

An vielen Stellen sind wir schon auf einem guten Weg, unser Kopfsteinpflaster in der Innenstadt barrierefrei zu machen. Besonders auf dem Marktplatz und der Kornhausstraße haben ältere Bürger, Rollstuhlfahrer oder Eltern mit Kinderwagen große Probleme. Nicht abgesenkte Bordsteine, zugestellte oder nicht vorhandene Orientierungsstreifen für Sehbehinderte stellen lästige Hindernisse dar. Hier gilt es noch die nötigen Maßnahmen zu ergreifen. Alle Ziele müssen für alle Menschen erreichbar sein.

Wahlprogramm 2024

Das komplette Wahlprogramm der Tübinger Liste hier zum Download als PDF