Und was bedeutet das bitte für die inzwischen € 11,6 Mio. teure Radbrücke West?

Wenn dieser Radschnellweg von und nach Rottenburg nördlich der Bahnstrecke und nicht wie angenommen südlich beim Behördenzentrum nach Tübingen kommt, was tun wir dann mit einer mindestens zur Hälfte “überflüssigen” neuen Radbrücke über die Gleise. Da die Radbrücke West zudem seit der letzten Schätzung 2017 von damals geschätzten € 5,1 Mio. Kosten um deutlich mehr als 100% teurer geworden ist, stellt sich die Frage nach dem Sinn der Maßnahme für den Radverkehr noch gewichtiger.

Und inzwischen wird auch klar, wie diese hohe Brücke über die Bahngleise und Straßen mit einem riesigen Abstiegsbauwerk die südwestliche Ecke des Anlagenparks verschandeln wird. Zur Sicherheit der Radfahrer muss sie nachts auch beleuchtet sein, für die Fledermäuse im Park ist das ein Graus.

Wann gibt es endlich mal für den Gemeinderat echte und belastbare Zahlen über die erwarteten zusätzlichen Radverkehre auf der Brücke? Das neue Baugebiet Saiben, aus dem vorhersehbar mehr Radverkehr entstehen könnte, hat der Oberbürgermeister selbst am weitesten in die Zukunft und auf den Sankt Nimmerleinstag verschoben.

Wir haben von Anfang an nach solchen Zahlen gefragt, ohne die man eigentlich keine Verkehrsprojekte starten sollte. Die Reaktion war immer die gleiche: “Wie kann man es bloß wagen, bei Radverkehr nach so etwas zu fragen?” Die Tübinger Liste will auch viel mehr für den Radverkehr tun und wir sind sehr bereit, die Mittel zunehmend weg vom MIV und hin zum Radverkehr umzusteuern. Wir sehen dort auch einen großen Nachholbedarf. Aber würden uns diese Mittel an anderer Stelle nicht bei der Beseitigung von vielen Gefahrenstellen und beim Bau sicherer getrennter Radwege so viel mehr bringen als in einem solchen Projekt? Viele vermuten nicht ohne Grund, dass diese Brücke eher ein Prestigeobjekt wird, ein “Leuchtturm” für eine angeblich fahrradfreundliche Stadt. Zunehmend weniger Menschen können darin eine sinnvolle oder gar die wichtigste Maßnahme zur Verbesserung und für die Akzeptanz des Radverkehrs in unserer Stadt erkennen.

Und wenn dann die über 2.000 täglichen Radfahrenden aus Rottenburg später an der Radbrücke nördlich der Bahnstrecke vorbeigeführt werden und sie niemals nutzen, wird sie nicht spätestens dann zu einem krassen Fall für das Schwarzbuch der Steuervergeudung. Solche öffentliche Fehlinvestitionen kannte man von Autobahnbrücken im offenen Gelände ohne Anschluss irgendwohin. Das müssen wir beim Radverkehr doch nicht wiederholen!

Und niemand soll bitte später sagen, diese Entwicklung habe niemand als ganz konkrete Möglichkeit vorhersehen können!