https://www.n-tv.de/…/Berlin-elektrifiziert-seine…

Was wir in Tübingen tun, passt hingegen nicht zu unseren eigenen Klimazielen: Kürzlich bestellten die Stadtwerke für knapp 10% der Busflotte Nachfolgemodelle mit Dieselantrieb (sog. Mild Hybrids). Sie haben einen leicht günstigeren Verbrauch, aber sind dennoch immer noch völlig unvereinbar mit unseren Klimazielen. Im Übrigen sind diese Hydrid-Fahrzeuge mit quasi zwei Antriebskonzepten in einem Fahrzeug eine sehr bald überholte und dann als Fehlentwicklung belächelte Übergangstechnologie mit vielen Nachteilen.

Wir widersprachen als die Tübinger Liste Vertreter dem Beschluss in den Gremien heftig, aber leider als einzige Fraktion. Die Mehrheit votierte mit Unterstützung des Oberbürgermeisters im Mai im Umlaufverfahren für die erneute Anschaffung von einer großen Tranche unserer Busflotte, und das erneut in Dieselversion. Der Oberbürgermeister schrieb uns am 25. Mai zu unserem Protest, dass er ein schnelles Hochfahren der Bestellungen auf E.Fahrzeuge für jetzt wirtschaftlich nicht machbar hielt und auch in Zukunft skeptisch in Sachen eines schnellen Hochfahrens sei. Wir wurden überstimmt.

Wir erwiderten noch vor der Wirksamkeit des Beschlusses -erneut ungehört- dass die Bundesregierung wenige Tage vorher die Förderung der Anschaffung solcher Busse in Höhe von 80% der Mehrkosten gegenüber Dieselmodellen zugesagt hatte. Angeblich war die Bestellung da aber schon getätigt.

Das neue Klimaprogramm der Stadt mit den Ziel der Klimaneutralität 2030 sieht auch beim Busverkehr für 2030 die lokale Emissionsfreiheit vor. Dann dürfen wir aber nicht gleichzeitig 2020 neue Dieselbusse anschaffen, denn die laufen bis deutlich nach 2030. Vielmehr müssen wir uns der Aufgabe stellen, die zusätzlichen Mittel über Fördertöpfe und dann den leider verbleibenden Rest durch Umschaufeln von Mitteln im eigenen Haushalt der Stadt Tübingen aufzubringen.

Berlin tut das, woran uns uns der Bericht heute morgen auf N-TV erinnerte. Hamburg hat ebenfalls genau diesen Pfad eingeschlagen und entsprechende Pakete an die großen Bushersteller für eine Elektroflotte erst ausgeschrieben und kürzlich platziert(Batterieelektrisch und mit Wasserstoff/Brennstoffzellen Reichweitenverlängerung).

Die ganz konkrete und – sorry, das muss man in Tübingen besser heute als morgen anerkennen und als Aufgabe annehmen – schwierige und schmerzhafte Finanzplanung der Energiewende darf hier nicht einfach unterbleiben. Das Klimaschutzprogramm Tübingen erwähnt an einer Stelle kurz und kanpp eine Milliarde und wahrscheinlich deutlich mehr an erforderlichen Mitteln für alle Maßnahmen, sprich erwartete mehr als € 100 Mio. Kosten jedes Jahr bis 2030 und das nur für die Energiewende. Mehr als diese eine Erwähnung der Kosten findet sich im ganzen Klimaprogramm fast nicht (Die einzige weitere Erwähnung von Geld ist die angekündigte Einführung von flächendeckenden Parkgebühren zur Finanzierung des ticketfreien ÖPNV). Der Rest der jährlichen € 100 Mio. müssen wundersam vom Himmel fallen. Denn fallen sie nicht, unterbleiben die Klimamaßnahmen. Aber das wird nicht klar gesagt. Es wird auch nicht gefragt, was wir dann am besten, weil am wirksamsten mit dem Geld machen, das wir hoffentlich auftreiben, finden und andersowo einsparen.

Solange die Finanzierungsfrage und die Fragen der Effizienz des Mitteleinsatzes, die Reihenfolge der Prioritäten so gänzlich weggeschoben wird, wird unser Klimaschutzprogramm genauso unwirksam bleiben, wie es im Mittelalter die Ablassbrief gegen die Sünde waren: Völlig wertloses Papier! Nur auf diesem Papier verschwinden dann alle Klimasünden bis 2030. Nur auf dem Papier.