„Das magische Wort ist Präsenz“
Das war das Fazit einer Diskussionsrunde im Café im Hirsch. Es ging um Krawall-Nächte, Ruhestörung, Müll und Vandalismus. Henning Zierock von der „Bürgerinitiative für mehr Lebensqualität in Tübingen“ moderierte das Treffen von genervten Anwohnern am 7. März 2019.
Die Brennpunkte: Altstadt natürlich und hier besonders die untere Haaggasse, Marktplatz, Pfleghofstraße und Hafengasse, Lustnauer Tor, Mühlstraße, Steinlachufer, Schleifmühleweg und Österberg.
Rainer Kaltenmark, Leiter des Ordnungsamtes, verwies auf die Gaststätten-Verordnung des Landes Baden-Württemberg:
(1) Die Sperrzeit für Schank- und Speisewirtschaften sowie für öffentliche Vergnügungsstätten beginnt um 3 Uhr, in Kur- und Erholungsorten um 2 Uhr. In der Nacht zum Samstag und zum Sonntag beginnt die Sperrzeit um 5 Uhr. Sie endet jeweils um 6 Uhr.
Gaststättenverordnung der Baden-Württembergischen Landesregierung zur Ausübung des Gaststättengesetzes (GastVO), § 9
Beim „Vorliegen eines öffentlichen Bedürfnisses oder besonderer örtlicher Verhältnisse“ muss der Gemeinderat handeln. Dazu hat das Verwaltungsgericht Mannheim letztes Jahr sein Urteil gesprochen.
Heidelberg. Jetzt hat es die Stadt schwarz auf weiß: Die aktuellen Sperrzeiten in der Altstadt… sind zu liberal. Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Mannheim erklärte die Heidelberger Sperrzeitverordnung am Mittwoch für rechtswidrig. Damit ist sie mit sofortiger Wirkung unwirksam….
Dabei wird der sechste Senat des VGH in seinem Urteil ganz deutlich: Die Sperrzeitregelung sei rechtswidrig, da die „schützenswerten Interessen der Anwohner nicht hinreichend berücksichtigt und abgewogen worden“ seien. Besonders wird die Regelung für den „sogenannten studentischen Donnerstag“ kritisiert: „Die Nachtruhe in der Nacht zum Freitag – einem normalen Werktag – ist gegenüber den Anwohnern nicht weniger schutzwürdig als an den anderen Tagen unter der Woche.“ Doch selbst die 2-Uhr-Sperrzeit an den restlichen Wochentagen sei aus Lärmschutzgründen nicht zu rechtfertigen. Die Richter nehmen kein Blatt vor den Mund und stellen fest, dass „die Belange der Touristen und der Gastronomen zu große Berücksichtigung“ gefunden hätten. Die Festlegung neuer Sperrzeiten sei nun Sache des Gemeinderats.
Rhein-Neckar-Zeitung vom 29. März 2018
Kutay Nergues, Gastwirt der Stadtpost, versucht schon lange, mit Kollegen und Gästen, der Situation Herr zu werden. Mit einem Abschieds-Lolly den Gästen den Mund zu stopfen, ist eine der kreativen Ideen. Taschen-Aschenbecher gegen die Kippen-Flut eine andere. Aber das reicht nicht.
Viel verspricht er sich von dem deutlich präsenteren Kommunalen Ordnungsdienst (KOD), der seit September 2018 mit einer Frau und sieben Mann samstags von 20 bis fünf Uhr früh und an anderen Tagen von 18 bis vier Uhr patrouilliert und zunächst das Gespräch mit den Feierwütigen sucht. „Das magische Wort ist Präsenz“, bestätigt Georgios Raftelis vom KOD. Er appelliert mit seinen Kollegen an die Vernunft, schreitet aber bei Gröhlern und elektrisch verstärkter Musik sofort ein. Notfalls wird die Polizei gerufen. Wer sich abends oder nachts gestört fühlt, sollte unter Telefon 07071 / 972 86 60 bei der Polizeiwache anrufen. Sie steht mit dem KOD in Kontakt.
Häufiger geleerte und mehr Mülleimer wünschen sich viele Altstadt-Bewohner und -Besucher.
Blitzer in der Mühlstraße und Wilhelmstraße könnten gegen die nächtlichen Raser helfen.
Bild: Rhein-Neckar-Zeitung vom 24. Juli 2018