Die Tübinger Liste stimmt heute abend einstimmig für den Verbleib der Müllabfuhr in städtischer Hand. Hier die Stellungnahme von Thomas Unger:

Sehr geehrte Damen und Herren,

Das Thema Müll hat auch unsere Fraktion in den letzten Wochen und Monaten sehr intensiv beschäftigt. Es war gegenwärtig in den Ausschüssen, aber vor allen Dingen auch im Kontakt mit der Öffentlichkeit.

Wir von der Tübinger Liste haben es uns nicht leicht gemacht Und bis gestern Abend war alles offen, so dass wir zunächst nicht einstimmig abstimmen wollten.

 

Doch zunächst ein paar Worte zur Sache.

Dass aus dem, mal überspitzt gesagt, bisschen Müll so eine große Debatte im Gemeinderat und in der Öffentlichkeit wird, hat wohl einige hier im Saal überrascht.

Aber hier fühlten sich viele Menschen in ihrem täglichen Leben betroffen. Das ist ihnen wichtig.

Man war und ist zufrieden mit der Zuverlässigkeit der Tübinger Müllabfuhr und warum soll man jetzt da was ändern?

Was diese Zuverlässigkeit wert ist, erleben die Bürger aktuell mit dem Chaos um die gelben Säcke und genau diese Auswirkungen befürchten sie.

Wir alle wissen, dass das Thema gelber Sack nicht das Thema ist.

Es dreht sich um die regelmäßige Abholung des Restmülls und der grünen Tonne, durch ordentlich bezahlte Mitarbeiter, die unter guten Arbeitsbedingungen ihre Arbeit verrichten.

So wie bisher auch!!

 

Aber ist dem Bürger auch bewusst, dass diese Müllabfuhr ein jährliches Defizit von 200.000-300.000 Euro einfährt?

Und dass dies erstmalig schon 2017 festgestellt wurde?

Und dass im Haushalt 2020 im Wirtschaftsplan der KST schon formuliert wurde, die Müllabfuhr kostendeckend zu betreiben, was finanztechnisch nur durch eine eigene Müllabfuhr möglich gewesen wäre,

dieses Thema wurde aber nicht weiterverfolgt, und ist nun durch die nachfolgende Gesetzesänderung auch nicht mehr möglich.

Die zentrale Frage ist nun:

Wie viel ist den Bürgern die Müllabfuhr wert?

Oder aus der Sicht der Stadt,

wie groß darf das Defizit aus der Müllabfuhr sein?

 

Die aktuell billigste Lösung für den Bürger ist sicherlich die Beibehaltung, denn da bleibt sein Beitrag an den Landkreis gleich hoch,

aber indirekt bezahlt er natürlich das Defizit in Höhe von 200.000-300.000 in Form von Steuern an die Stadt. Dieses Defizit spürt er zunächst nicht.

Er wäre sicherlich auch bereit die 25 Euro mehr im Jahr zu bezahlen, aber die Stadt hat nicht die Gebührenhoheit in diesem Fall, sondern der Landkreis.

 

Dem gegenüber kann man auch argumentieren.

Die Stadt soll nur das tun, was sie muss.

Müll ist Landkreis Thema.

Das spart das Defizit,

der Müll wird von einer Firma abgeholt, der Preis bleibt -vielleicht- und muss eventuell mit schlechteren Service verkauft werden. Ob es tatsächlich ein schlechteres Service ist, bleibt aber Spekulation.

Fakt ist nur, dass die Müllwerker der privaten sicherlich nicht den gleichen Verdienst haben, wie die städtischen.

In diesem Zusammenhang war es uns auch besonders wichtig, dass auf alle Fälle egal wie die Entscheidung ausfällt, keine betriebsbedingten Kündigungen ausgesprochen werden und alle Mitarbeiter einen Platz im System der Stadt bekommen.

 

“never change a running system”

hat vorgestern eine Bürgerin bei der Podiumsdiskussion gesagt.

Ja, das ist ein guter Leitspruch und das sollte auch für den Müll gelten in Tübingen,

aber um welchen Preis

wie viel Euro ist es uns für die Stadt wert?

Die Beispiel Rechnungen der Stadt haben den erschreckenden Wert
von 800 000 bis 900 000 Euro dargestellt.

Herr Soehlke selbst hat jedoch eingeräumt, dass man vielleicht doch dieses Defizit etwas reduzieren kann, an der ein oder anderen Stelle.

Ob es gleich vier Personalstellen braucht oder ob die Fahrzeuge nicht günstiger beschafft werden können, da könnte es vielleicht noch Spielraum geben, ebenso in der Planung und Umsetzung des Betriebshofes.

Aber ohne eine Erhöhung des bisherigen Defizits wird es nicht gehen und auch dass sowieso alles teurer wird

So ehrlich ist die Verwaltung und so müssen wir auch gegenüber den Bürgern sein.

Trotzdem haben wir uns entschlossen, für den Verbleib der Müllabfuhr bei der KST zu stimmen.

Für uns stehen die Bürgerinnen und Bürger im Vordergrund.

Ihre Zufriedenheit ist für uns wichtig, gerade in diesen schwierigen Zeiten mit den verschiedenen Auswirkungen der Pandemie und des Krieges in der Ukraine.

Zufriedenheit mit der bisherigen Zuverlässigkeit der Müllabfuhr, auch mit dem Gefühl gute Arbeit – guter Lohn für die Mitarbeiter.

Die Stadt und ihre Mitarbeiter sind selbstverantwortlich für diese Zuverlässigkeit und auch direkter Ansprechpartner, wenn es Probleme gibt.

Die 800 000 plus sind viel Geld. Man sollte sie eigentlich den Bürgern ersparen, denn sie fehlen an anderer Stelle oder müssen mit Steuer- oder völlig anderen Gebührenerhöhungen refinanziert werden.

Wenn man es aber mit den Beträgen vergleicht, die ausgegeben werden für andere und in Art und Dimension weniger wichtige oder gar unsinnige Dinge,

wie z.B. die überdimensionierten Fahrradbrücken, die die Stadt inzwischen weit über 10 Mio kosten,

dann schrumpft der Betrag für das Defizit der Müllabfuhr relativ wieder gewaltig. Das man hier jetzt zusätzliche Investitionen in diesem Bereich der Müllabfuhr tätigen muss, die man vielleicht in der Vergangenheit nicht so auf dem Schirm hatte, bzw deren Dringlichkeit man unterschätzt und das Geld lieber für andere scheinbar wichtige Bereiche verwendet hat, ist selbstverschuldet.

Ein weiterer Gedanke:

Vielleicht hätte man bei der Beteiligung der Öffentlichkeit ja auch mal die Bürger fragen können.

Dazu haben wir die Bürger-App.

Wurde sie jemals wirklich dafür genutzt, nach der Meinung der Menschen zu fragen?

Hier wäre die Chance gewesen, es zu tun. Sie wurde nicht in Erwägung gezogen.

In den letzten drei Monaten wurde in unzähligen Ausschüssen und Sitzungen versucht, das Thema auf einen guten Weg zu bringen. Trotzdem steht man nun aber wieder unter Zeitdruck einen Gemeinderatsbeschluss herbeizuführen, denn morgen ist Termin.

Das ist keine gute Situation.

Schade, denn die von der Verwaltung nun dargelegten Zahlen zeigen unverblümt das ganze Dilemma auf, in der sich die Müllabfuhr befindet.

Aber wir von der Tübinger Liste haben uns all diese Fragen gestellt, diskutiert und für uns abgewogen.

Letztendlich haben wir uns entschlossen, trotz des zu erwartenden Defizits für den Verbleib der Müllabfuhr bei der Stadt Tübingen zu stimmen.