7. November 2019

Bierzeltparolen
Als Tübinger Bürger bin ich entsetzt, als Schwerbehinderter zutiefst betroffen über die dümmliche und unqualifizierte Aussage des Tübinger OB. Diese Bierzeltparolen „man kann ja doch auch mal jemanden die Treppe hochtragen“ im Kontext mit Barrierefreiheit als OB zu äußern, konterkariert die Bemühungen der Stadt im Rahmen der Barcelona-Erklärung für Inklusion.
Natürlich gibt es wirtschaftliche Rahmenbedingungen, in denen die Stadt sich bewegen muss, und ich möchte an dieser Stelle auch nicht die Millionenausgaben für den Tübinger Radverkehr gegenrechnen, aber ich erwarte vom OB, dass er sich bei den Bürgern seiner Stadt und besonders den Schwerbehinderten für diese Aussage entschuldigt.

VON THOMAS UNGER, TÜBINGEN

Kernanliegen?
So ein Stadtteiltreff hat – soweit ich weiß – mehr zu bieten als immer nur Feste. Dieses ,Mehr‘ ist dann für Menschen, die auf Barrierefreiheit angewiesen sind, nicht zugänglich. Und was sagt die Feuerpolizei dazu, dass gegebenenfalls in nicht barrierefreien Räumen Veranstaltungen mit Beteiligung von Menschen stattfinden, die auf Barrierefreiheit angewiesen sind? Oder wird die nicht mehr gefragt?
Ich hatte immer geglaubt, Barrierefreiheit sei ein Kernanliegen der sogenannten Grünen. So kann man sich täuschen.
Grün? Nein danke.
Im Hirschauer „Ratsstüble“ fand OB Boris Palmer gute Gründe für die finanzielle Unterstützung des geplanten Stadtteiltreffs – obwohl er nicht barrierefrei ist („Wunderbar reaktivierbar“, 6. November).

VON ALEXANDER STOCK, TÜBINGEN

Zumutung
Zitat Boris Palmer: „Das kriegen wir doch hin, dass bei den Festen keiner ausgeschlossen ist: Man kann doch auch mal jemanden die Treppe hochtragen!“(…)
Es ist nicht nur für diejenigen eine Zumutung, die in Festkleidung (…) nach vollbrachtem Transport die Treppe hinauf oben im Festgeschehen schweißgebadet ankommen und die wissen, dass ihr Einsatz (…) am Ende der Veranstaltung ein weiteres Mal gefordert ist. Es ist vor allem eine Zumutung und unwürdig für diejenigen, die getragen werden. Ein solcher Transport fühlt sich höchst unsicher an. Ungeübte Helfende beschädigen möglicherweise ungewollt, aber unversehens auch mal den Rollstuhl. Und bei der Vorstellung, dass den Helfenden oben an der vorletzten Treppenstufe Kraft oder Gleichgewicht abhanden käme und das ganze Ensemble gemeinsam die Treppe herunterfällt, drängt sich mir der Gedanke auf: Das kann nicht Ihr Ernst sein!

Sie haben als OB – dem einstimmigen Gemeinderatsbeschluss vom Dezember 2009 folgend – vor knapp 10 Jahren die Erklärung von Barcelona unterzeichnet. Ein zentrales Handlungsfeld ist darin die Herstellung von Barrierefreiheit. Die nutzt nicht nur Rollstuhlfahrenden, Barrierefreiheit nutzt allen. Wie schön für die jungen Familien mit kleinen Kindern, wenn die Kinderwagen nicht alle in den 1. Stock hochgetragen werden müssen. Manch anderer immobilerer Festgast wird auch den Aufzug zu schätzen wissen. Und vielleicht freut sich auch der Caterer, wenn das Fest-Buffet samt Getränken sicher in den 1. Stock transportiert werden kann. Welche Konzepte und Finanzierungsideen haben Sie, zeitnah im neuen Hirschauer Stadtteiltreff tatsächlich Barrierefreiheit herzustellen?

VON ELVIRA MARTIN, TÜBINGEN,VON FORUM & FACHSTELLE INKLUSION IM SOZIALFORUM TÜBINGEN

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